„Cześć, jestem Zuzia! Hallo, ich bin Lisa!“ - Deutsch und Polnisch hallt es durch die Jahnhalle in Leipheim. 20 Zirkuskinder und -jugendliche zwischen 7 und 16 Jahren aus Leipheim und Kraków trainieren dort seit vier Tagen gemeinsam für Ihren Auftritt bei der „2. Hockete“ des Leipheimer Haufens am Sonntag, den 02. Oktober 2022. Heute Nachmittag ist es so weit. Alle sind aufgeregt. Für die meisten ist es der erste Auftritt in einer internationalen Gruppe, die meisten polnischen Teilnehmer stehen zum ersten Mal auf einer Bühne in einem anderen Land. Eines aber verbindet alle: Die große Freude am Zirkus! Um 15.15 Uhr betritt die deutsch-polnische Zirkuscombo die Bühne. Die ersten Reihen sind gefüllt mit Kindern aus Leipheim, die gespannt auf die Aufführung warten. Dann geht es los und bunt geht es zu! Erst wirbeln Pois mit farbenfrohen Bändern verziert durch die Luft, dann Jongliertücher. Clowns versuchen unter Gelächter des Publikums mit großer Anstrengung ihre mitgebrachten Koffer zu öffnen, andere begleiten ihren König und jonglieren dabei ganz nebenbei mit Ringen, gehen auf Bällen oder zeigen eine Doppelrolle. Räder, Überschläge und Saltos sind zu sehen und Pyramiden werden gebaut, am Ende sogar mit der ganzen Gruppe. Der Auftritt ist ein voller Erfolg und die Freude und Begeisterung über das, was alle gemeinsam geschafft haben, ist groß. Nora Abmayr (13), eine der deutschen Projektteilnehmerinnen, erzählt: „Es war toll! Ich war ziemlich aufgeregt, aber es war schön. Es war der coolste Auftritt, den ich im Zirkus, es war einfach krass wie viel wir in vier Tagen gelernt haben. Und es war schön, das mit der Gruppe zu meistern!“ Der Auftritt war Teil der einwöchigen deutsch-polnischen Begegnung, die am Dienstagnachmittag, den 27. September 2022 begonnen hatte. Jeden Tag verbrachten die Kinder und Jugendlichen zusammen, lernten sich kennen, trainierten gemeinsam und brachten sich gegenseitig Zirkustricks bei. Daneben lernten die Teilnehmer aber noch viele andere Dinge. „So ein Austausch ist vielschichtig,“ erklären die Koordinatoren vom Verein InKontakt e.V. „Eine internationale Begegnung wie diese ist der ideale Ort um Ängste zu überwinden und Selbstbewusstsein zu entwickeln, aber auch um über den eigenen Schatten zu springen und auf andere zuzugehen - und das obwohl man weiß, dass man nicht dieselbe Sprache spricht. Was hier hilft, ist die sogenannte Sprachanimation, die an jedem Tag auf dem Programm stand. Bei spielerischen Aktivitäten bringen sich die Teilnehmer in deutsch-polnischen Teams ihre Muttersprachen näher. Das macht Spaß und motiviert.“ Dies bestätigen auch die Rückmeldungen der Eltern. Jochen Butzek, dessen drei Kinder am Austausch teilnahmen, berichtet: „Sie haben alle gelernt, sich besser in Gruppen zu bewegen, zu kommunizieren, dies insbesondere auch in anderen Sprachen. Es wurde Polnisch gelernt und auch viel Englisch gesprochen. Hier konnte endlich mal gezeigt werden, dass "Schul-Englisch" Sinn macht. Es gab vor allem einen riesigen Motivationsschub für Sprachen. Meine Ältesten (13 und 16) kamen abends Englisch sprechend nach Hause.“ Aber auch jüngere Kinder mit weniger Erfahrung in Fremdsprachen finden Wege, erklärt Nina Sauter, deren 11-jährige Tochter Lola am Austausch teilnahm: „Sie lernen auf jeden Fall Möglichkeiten, sich zu verständigen. Dann vielleicht ein bisschen kreativer. Um eine Freundschaft aufzubauen, ist nicht unbedingt eine Sprache wichtig. Und sie lernen eine andere Kultur kennen. Sie lernen, dass jeder Mensch irgendwo gleich ist, egal aus welchem Land. Jedes Kind ist irgendwie ein Kind. Und sie hören von den Kindern aus eigener Erfahrung, wie diese in Polen leben und lernen es nicht nur aus einem Buch oder im Sozialkundeunterricht.“ Eine Gelegenheit etwas über die deutsche und polnische Kultur zu lernen, boten neben dem täglichen Zusammenleben auch ein deutscher und ein polnischer Abend, bei denen die Teilnehmer selbst ihr Land, Bräuche, Traditionen und Spezialitäten vorstellen konnten. So zeigte die deutsche Gruppe unter anderem, warum der Heilige Martin in Deutschland eine wichtige Rolle spielt und wie ein Laternenumzug aussieht. Die polnischen Teilnehmer wiederum erzählten einige der zahlreichen Legenden, die sich um die Stadt Krakau und deren Geschichte ranken. Und auch eine Stadtführung durch Leipheim mit dem „Nachtwächter zu Lypheim“ stand auf dem Programm. Seine Erzählungen über das historische Leipheim wurden dafür eigens von Jarek Jackiewicz, der das Projekt zusammen mit zwei weiteren Sprachmittlern täglich begleitete, ins Polnische übersetzt. Die Idee für den Austausch entstand im Anschluss an das Leipheimer Fest der Kulturen, bei dem sich die Leipheimer Projektpartner kennenlernten. Anke Escher vom Mehrgenerationenhaus Leipheim war gleich begeistert von der Idee und sah in dem Projekt, eine Chance für alle, neue Erfahrungen und Impulse zu sammeln: „Solche Projekte bringen Offenheit für Neues, fördern die Toleranz und lassen Gemeinschaft erleben.“ Dass dies gelungen ist, spiegelt sich auch in den Rückmeldungen der Teilnehmer und ihrer Eltern. Fabia Pünjer, Mutter der 8-jährigen Nikita, berichtet: „Meine Tochter hat am Abend mit leuchtenden Augen von ihren Abenteuern erzählt, vom gemeinsamen Ideenaustausch, vom Trainieren, dem guten Essen, den Spielen – es war immer positiv und voller Freude!“ Für Nora war das Schönste am Austausch aber die Gruppe. „Ich habe so viele neue Leute kennengelernt, mit denen ich immer noch Kontakt habe und die ich nicht vergesse.“ Und auch Lola sind die polnischen Zirkusfreunde ans Herz gewachsen. Dementsprechend schwer war es für alle, als es am Dienstagnachmittag, den 04. Oktober 2022, am Leipheimer Bahnhof Abschiednehmen hieß. Ein Trost für alle war es da, dass das Wiedersehen der beiden Gruppen schon in Planung ist. Es soll im kommenden Jahr in Krakau stattfinden. Die Einladung dafür hat Koordinatorin Magda Florek vom polnischen Partner Klub 303 im Kulturzentrum Kraków-Nowa Huta bereits ausgesprochen. Die Organisatoren bedanken sich herzlich bei der Stadt Leipheim und Herrn Bürgermeister Konrad für die Unterstützung des Projekts, dem deutsch-polnischen Jugendwerk und der Stiftung Internationaler Jugendaustausch Bayern für die finanzielle Projektförderung, dem Leipheimer Haufen für die Möglichkeit auf der Bühne der Hockete auftreten zu dürfen, der Pfarrei St. Paulus für das Zurverfügungstellen von Räumen im St. Josefsheim sowie dem Gasthof Zur Post für die reichhaltige Verpflegung.
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